Ende des 2. Weltkriegs lagen große Teile der Stadt in Trümmern. Um den Kriegsschutt zu entsorgen, nutzten die Karlsruher*innen ein rund 30 Hektar großes Gebiet zwischen Rheinhafen und Knielingen als Halde. Auf den Schutt kam später der Hausmüll.
Vom Müllberg zum Energieberg
In den 1970er-Jahren
wurden Schutt und Abfall zu einem Müllberg zusammengeschoben und offiziell zur städtischen Mülldeponie West ernannt. Bis in die 2000er-Jahre wuchs der Berg auf über 60 Meter an. Dann kam bundesweit das Verbot, Hausmüll auf einer Deponie zu lagern, die Zeiten des Berges änderten sich. Der Müll blieb aus, er wurde fortan in die Müllverbrennungsanlage nach Mannheim gebracht. Heute ist die größtenteils schon abgedichtete Mülldeponie West ein grüner Berg: die höchste Erhebung im westlichen Stadtgebiet und ein Präsentationsort für erneuerbare Energieerzeugung.
Bürgerforum
der Stadtverwaltung Karlsruhe zum Bau einer städtischen Mülldeponie auf dem Gelände der Burgau zwischen Rheinhafen und Knielingen im Juni 1971
Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A21/166/1/28
Mülldeponie 1980
Müll auf der Deponie West am 3. Januar 1980. Mülltrennung Fehlanzeige. Diese gibt es in Deutschland erst seit 1991.
Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A39/1/4/41
Vom Müllberg zum Energieberg
Wenn Müll sich mit Hilfe von Bakterien zersetzt, entsteht Deponiegas. Gelangt dieses unkontrolliert in die Atmosphäre, so ist das schlecht für das Klima. Da ist es sinnvoller, die ohnehin anfallenden Gase zur Energiegewinnung zu nutzen. Auf der Mülldeponie West geschieht dies seit 1997. Hierfür wird das Gas mit Hilfe von über 100 Gaskollektoren aus dem Berg abgesaugt und via Rohrleitung in ein Blockheizkraftwerk geleitet, wo es zu Wärme und Strom umgewandelt wird. Das Blockheizkraftwerk steht auf dem Betriebsgelände West der Verkehrsbetriebe Karlsruhe am Fuß des heutigen Energiebergs und deckt dort einen großen Teil des Bedarfs an Strom und Wärme. Doch die Menge des Gases und vor allem sein Methan-Gehalt nehmen von Jahr zu Jahr ab. Den Bakterien, die den Abfall zersetzen, fehlt der Müll-Nachschub, um weiterhin Gas in großen Mengen zu produzieren. Für die Zukunft hat das Amt für Abfallwirtschaft, Herrin der Mülldeponie West, jedoch bereits eine Idee. Es hat ein optimiertes Entgasungskonzept mit »Gut- und Schlechtgastrennung« erstellt. Mit dem »guten« Gas kann weiterhin Strom und Wärme produziert werden. Mit dem »schlechten« Gas, das einen geringeren Methan-Gehalt hat, kann zukünftig in einer so genannten Schwachgasanlage zumindest Wärme erzeugt werden.
Windkraft für Karlsruhe
1999 errichtete Thomas Müllerschön, der Karlsruher Pionier in Sachen Windkraft, ein erstes Windrad auf der ehemaligen Deponie. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen, sinkt der Berg doch aufgrund des entnommenen Deponiegases minimal von Jahr zu Jahr. Das Absinken geschieht dabei nicht gleichmäßig, sondern mal hier ein kleines Stück und mal dort ein kleines Stück. Damit das Rad nicht aus dem Gleichgewicht gerät, musste eine Lösung her. Ein Fundament, ähnlich eines umgedrehten Suppentellers, wurde gegossen und stabilisierte die über 70 Meter hohe Anlage. Zudem brachte man ein Pendel im Turm an. Es zeigt an, wenn das Windrad aus dem Lot gerät. Dann wird es mit Hilfe riesiger Schrauben wieder zurechtgerückt.
Auf die erste Windkraftanlage folgte im Jahr 2000 die zweite und im Jahr 2003 die dritte. 2018 wurden die ersten beiden Windräder durch eine neue, leistungsstärkere Anlage ersetzt. Eigentümer der neuen Anlage sind die Stadtwerke Karlsruhe. Das neue Rad teilt sich nun den Energieberg mit der weiterhin bestehenden und von den Stadtwerken gepachteten Windkraftanlage 3. Heute erzeugt die Windkraft auf der alten Deponie West jährlich rund fünf Millionen Kilowattstunden Strom.
Um auch den Karlsruher Reichtum an Sonnenstunden energetisch zu nutzen, wurde 2005 eine Photovoltaikanlage errichtet. Groß wie ein Fußballfeld bedeckt sie einen beträchtlichen Teil des Südhangs. Sie ist das Herzstück des Solarparks I von den Stadtwerken. Die Solarparks I bis III sind Bürgerbeteiligungsgesellschaften mit insgesamt mehreren hundert privaten Anteilseignern. Mit einer Leistung von 432 Kilowatt ist die Photovoltaikanlage auf dem Energieberg die größte aller Solarpark-Anlagen. 450.000 Kilowattstunden erzeugt sie durchschnittlich jedes Jahr.
Der Karlsruher Energieberg liefert jedes Jahr Strom aus erneuerbaren Energien für ca.
Menschen
Deponiegas (ca.)
Wind (ca.)
Sonne (ca.)