Vom Öllämpchen bis zur LED-Leuchte – die Designgeschichte der privaten Beleuchtung spiegelt auf faszinierende Weise die Entwicklung der Lebensumstände wider.
Schon vor der Glühlampe erfanden die Menschen Möglichkeiten, regelmäßig helles Licht zu erzeugen und dieses auch zu bündeln oder zu lenken. Feuer, Öllampen und Kerzen sind die ersten künstlichen Lichtquellen. »Schon in früheren Jahrhunderten gab es spezifische Lichtbedürfnisse, zum Beispiel von manchen Handwerken«, erklärt Prof. Chris Kabel, Professor für Produktdesign an der Hochschule für Gestaltung HfG in Karlsruhe. Er nennt ein Beispiel: Für ihre filigrane Heimarbeit nutzten Klöpplerinnen Glaskugeln voller Wasser, die das Kerzenlicht bündelten.
Die Glühlampe macht es vor rund 140 Jahren möglich: gleichmäßiges und helles Licht ersetzt flackernde und rußende Kerzen, Tranlampen und Gaslaternen. Damit beginnt eine vielseitige Designgeschichte, die immer wieder nicht nur die Geschichte der Lebensumstände reflektiert, sondern auch die von technischem Fortschritt beim Material und bei den Leuchtmitteln selbst. Ob Glühlampe, Neonröhre oder Halogenstrahler: »Jeder Entwicklungssprung brachte neue Designs hervor und wirkte sich stark auf den Lebensalltag aus. Ein Beispiel: Die Einkaufspaläste des 19. und frühen 20. Jahrhunderts waren Galerien mit kunstvollen Glasdächern, wie man sie aus Mailand, Brüssel oder Paris kennt. Mit der Erfindung der Neonröhre konnte man große, geschlossene Räume beleuchten. So entstanden Einkaufsmalls und Großraumbüros«, schildert Chris Kabel. Aber der Reihe nach:
Eine Revolution für die Nutzung des Raums, die zahlreiche Gestalter für sich nutzen. Besonders zu Ende des 19. Jahrhunderts sind Leuchten häufig wertvolle, kunstvolle leuchtende Objekte aus Glas, Metall und Naturmaterialien, die die verspielte Ästhetik des Jugendstil verkörpern. Mit der Jahrhundertwende hält ein sachlicherer Stil Einzug: technisch in der Anmutung, durchdacht und zeitlos in der Umsetzung. Ein berühmter Vertreter ist Peter Behrens, dessen funktionalistische Entwürfe am Bauhaus fortgeführt und für die industrielle Massenproduktion angepasst werden.
In den 1920er und 1930er Jahren entstehen rund ums Bauhaus und in Nordeuropa zeitlose Entwürfe, die noch immer gefertigt werden. Otto Müller entwirft am Lichttechnischen Institut der Universität Karlsruhe 1931 seine Sistrah-Leuchte – noch heute ein Klassiker.
Nach dem Krieg und der materiellen Zerstörung erlebt das Design einen besonders großen Schub. Neue Materialien und eine neu gewonnene Leichtigkeit in der Ästhetik bringen weitere Namen, besonders aus Italien, zu großer Bekanntheit. Egon Eiermann, von 1947 bis 1970 Architekturprofessor in Karlsruhe, entwirft in der Nachkriegszeit die noch heute produzierte Stehleuchte ES 57.
Ab den 1960er-Jahren experimentieren die Designerinnen und Designer mit neuen Leuchtmitteln. Außer Glühlampen nutzen sie Halogenlampen oder Leuchtstoff- und Neonröhren. Die Entwicklung von Kunststoffen wirkt sich auch auf das Design aus: Die Entwürfe ähneln Skulpturen, poppige Farben und Formen aus der Kunst finden sich in ihnen wieder.
Die 1970er-Jahre bringen die Ölkrise und eine Rückbesinnung auf die Funktion: Maximale Lichtwirkung bei geringem Verbrauch. Gleichzeitig setzte sich der Trend der späten 1960er-Jahre mit organischen Entwürfen und natürlichen Materialien fort.
Ab den 1980er-Jahren blitzt der Humor im verspielten Stil der Postmoderne durch: Exzentrische Entwürfe – gepaart mit neuen Möglichkeiten kompakter Leuchtmittel – feiern das Farbenfrohe, Heitere. Die Gestaltung lehnt sich gegen zu viel Vernunft und Strenge auf.
In den 1980er- und 1990er-Jahren setzt sich parallel eine zunehmend technische Ästhetik durch – das Computerzeitalter wirft seine Schatten voraus und das Zeitalter von Halogen-Leisten bricht an. Gleichzeitig entwickeln erste Firmen Lichtkonzepte, die dem Tageslicht nachempfunden sind und die die Stimmung beeinflussen sollen.
Das neue Jahrtausend bringt den endgültigen Abschied von der klassischen Glühbirne mit sich. Über den Umweg der so genannten Energiesparlampe setzen sich die LED durch und werden auch schon weiterentwickelt: Organische Lichtdioden, O-LEDs, sollen Beleuchtung künftig noch flexibler und mobiler machen, als es heute der Fall ist. Und was kommt noch alles auf uns zu? »Es gab eine große Entwicklung bei den Leuchtmitteln: Sie wurden immer kleiner, leichter und flexibler. Vielleicht kommen wir eines Tages dahin, dass wir unsere Beleuchtung mit der Farbe an die Wand streichen oder sprühen«, so der Ausblick von Chris Kabel.