Wie sich die zunehmend extremen Wetterbedingungen, die intensive Landwirtschaft und unsere Nutzung auf die wertvolle Ressource auswirken, erklärt Prof. Dr. Matthias Maier.

Prof. Dr. Matthias Maier ist bei den Stadtwerken verantwortlich für die Trinkwassergewinnung. Zudem engagiert er sich als Präsident der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet (IAWR) für den Gewässerschutz und gibt sein Wissen in der Lehre weiter.

Welche Rolle spielt der Schwarzwald für das Karlsruher Trinkwasser?
Ja. Das Grundwasser wird über Jahre und Jahrzehnte durch die Sand- und Kiesschichten des Oberrheingrabens gefiltert und gereinigt. So bekommen wir in unseren Wasserwerken Wasser, das wir ohne chemische Nachbereitung nutzen können. Eine wichtige Rolle spielt auch die Lage unserer Wasserwerke. Diese liegen in ausgedehnten Waldgebieten, wo sich das Grundwasser natürlich und weitgehend unbeeinflusst von menschlicher Tätigkeit bilden kann.
Nun erleben wir extreme Wetterereignisse – Trockenphasen, Hitze und Starkregen. Wirken sich diese auf unser Grundwasser aus?
Der Oberrheingraben ist eines der größten Grundwasservorkommen Europas. Selbst längere Trockenperioden können problemlos überstanden werden. Da wir im Mittel nur etwa 25 bis 45 Prozent des jährlich neu gebildeten Grundwassers entnehmen, ist eine nachhaltige Nutzung dieser wertvollen Ressource garantiert.
Wenn insgesamt weniger Wasser zur Verfügung steht, hat das irgendwann in der Zukunft für uns Konsequenzen?
Unsere Messungen der letzten 60 Jahre zeigen, dass durch die zunehmenden Temperaturen immer mehr Wasser verdunstet und damit weniger Niederschläge ins Grundwasser sickern. Dadurch treten häufiger niedrige Grundwasserstände auf als früher. Erfreulicherweise stellen wir kein Absinken der Niedrigwasserstände fest; diese sind immer noch auf dem gleichen Niveau wie zu Beginn der Messungen. Demzufolge steht in der Region Karlsruhe auch langfristig genügend Grundwasser für die Trinkwasserversorgung zur Verfügung.
Die Natur leidet jedoch teilweise stark unter den zunehmenden Trockenphasen. Die Wurzeln der Bäume und Sträucher reichen maximal etwa drei Meter in die Tiefe. In vielen Bereichen rund um Karlsruhe beginnt das Grundwasser jedoch erst in einer Tiefe von mehr als fünf Metern. Dadurch sind die Pflanzen auf das kurzfristig im Oberboden gespeicherte Regenwasser angewiesen. Daher stellt der Klimawandel beispielsweise den Forst vor deutlich größere Herausforderungen
als die Karlsruher Wasserwerke.
Zurück zum Schwarzwald: Wie sieht es denn dort mit der Wassersituation aus?
Im Schwarzwald sind die Wasservorkommen sehr viel stärker von den Niederschlägen der letzten Tage und Wochen abhängig. Daher schütten die Quellen im Sommer oft deutlich weniger Wasser als im Winter. Vielerorts haben auch aufgrund des Klimawandels die Quellschüttungen über die letzten Jahrzehnte abgenommen. Aus diesem Grund bilden viele Gemeinden im Schwarzwald sogenannte Zweckverbände für die Wasserversorgung. Dadurch können sie sich bei Wasserknappheit gegenseitig aushelfen. Größere Projekte, wie zum Beispiel der Bau von überregionalen Wasserleitungen, lassen sich oft nur gemeinsam umsetzen. Auch unser Wasserwerk Rheinwald ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadtwerke Karlsruhe und des Zweckverbands Wasserversorgung Albgau, dem viele Gemeinden entlang des Albtals angehören.
Die Stadtwerke setzen sich in der IAWR für den Schutz der Trinkwasserqualität ein. Sie sind Präsident der IAWR. Welches Thema sehen Sie aktuell als besonders dringlich an?
Eines der wichtigsten und dringlichsten Themen sind die Spurenstoffe im Wasser. Aufgrund der immer feiner werdenden Analysemethoden lassen sich inzwischen selbst geringste Konzentrationen an Stoffen im Wasser nachweisen. Viele der aktuell nachgewiesenen Stoffe sind Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln, die in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt werden. Eine unserer Hauptforderungen ist daher der Verzicht auf den Einsatz künstlicher Pflanzenschutzmittel, vor allem in den Wasserschutzgebieten. Wenn diese Stoffe erst mal in das Grundwasser gelangt sind, verbleiben sie dort teilweise für viele Jahre bis Jahrzehnte und können auch noch für zukünftige Generationen ein erhebliches Problem darstellen. Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass die entsprechenden Maßnahmen so schnell wie möglich umgesetzt werden.

Wasserlieferant
Brunnenhaus Durlach
Ein verbindendes Element zwischen dem Schwarzwald und der Karlsruher Innenstadt ist das 1822 bis 1824 errichtete Brunnenhaus in Durlach. Von hier führte eine Wasserleitung bis zum damals noch neuen Marktplatz. Architekt war Friedrich Weinbrenner, der Ingenieur Johann Gottfried Tulla berechnete die technischen Details. Es steht genau an der Stelle, wo die Ausläufer des Schwarzwalds in den Oberrheingraben eintauchen. Die Inbetriebnahme der Wasserleitung Anfang Januar 1824 wurde auf dem Marktplatz gefeiert.
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